Die zuletzt arg Besorgnis erregende Lage der Eispiraten, die in der Annahme der Roten Laterne ihren bisherigen Gipfel erreichte, hat die Eispiraten-Verantwortlichen Jörg Buschmann und Ronny Bauer nun zu einer öffentlichen Stellungnahme veranlasst. Dabei stärken sie Trainer Chris Lee den Rücken, nehmen aber sowohl ihn als auch die Mannschaft in die Pflicht. Bei der Analyse der Situation schwingen jedoch Fadenscheinigkeit und Argumentationsnotstand mit.
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[content_box title=“OFFIZIELLE PRESSEMELDUNG DER EISPIRATEN GMBH“ icon=“fa-envelope-o“ backgroundcolor=“#f2f2f2″ iconcolor=“#ffffff“ circlecolor=“#b30600″ circlebordercolor=“#b30600″]
Wir haben die vergangenen Spiele analysiert!
Eispiraten-Verantwortliche beziehen Stellung
Die Eispiraten Crimmitschau konnten in der vergangenen Saison erstmals seit acht Jahren eine Teilnahme an den Pre-Playoffs verzeichnen, haben einen Großteil des Kaders für die neue Runde behalten können und zudem weitere qualitativ hochwertige Neuzugänge verpflichtet. Folglich gingen die Verantwortlichen und Fans der Westsachsen mit hohen Erwartungen in die Spielzeit 2016/17. Mit lediglich 15 Punkten aus 15 Spielen sind die Crimmitschauer diesen Erwartungen bislang allerdings noch nicht gerecht geworden. Kurz vor der Länderspielpause haben die Eispiraten die „Rote Laterne“ in der DEL2 übernommen. Geschäftsführer Jörg Buschmann und der sportliche Leiter Ronny Bauer kommentieren die schwierige Situation für die Pleißestädter.
„Wir haben einen Großteil der Mannschaft behalten, weil wir sehr großes Vertrauen in die Spieler setzen. Wir haben eine längere und intensivere Vorbereitung auf die Beine gestellt als in den Jahren zuvor, um optimal in die Saison zu starten. Jetzt ist das Team gefragt uns zu beweisen, dass unsere Entscheidung die richtige war.“, so Geschäftsführer Jörg Buschmann.
Der sportliche Leiter Ronny Bauer hat die Mannschaft zusammengeholt, um klare Worte zu sprechen. „Wir erwarten uns von einigen Spielern, welche den Anspruch haben Leistungsträger in der Mannschaft zu sein, eine deutliche Leistungssteigerung. Hauptverantwortlich für die jetzige Situation ist in unseren Augen die mangelnde Chancenverwertung sowie das schlechte Überzahlspiel. Der Trainer und die Mannschaft sind nun gefordert, um schnellstens eine deutliche Verbesserung zu erzielen und unserem Leistungsanspruch gerecht zu werden.“ so Ronny Bauer. Eine weitere Reaktion seitens der sportlichen Leitung ist zudem das Trainingspensum pro Woche um 2 weitere Eiszeiten zu erhöhen, um an den oben genannten Schwerpunkten intensiv zu arbeiten.
Die Trainerfrage steht für Ihn außerdem nicht zur Diskussion: „Wir sind absolut überzeugt, dass Chris Lee der richtige Trainer für unsere Mannschaft ist. Er hat die Eispiraten in der vergangenen Saison erstmals seit acht Jahren wieder in die Playoffs geführt und dem Team ein Gesicht gegeben. Er wird das Ruder wieder herumreißen.“
Eines steht in diesen schweren Tagen der Eispiraten aber fest: Mannschaft und Fans müssen nun noch enger zusammenrücken und zu einer echten Einheit verschmelzen. Nur so können sich die Eispiraten aus ihrem Abwärtstrend befreien und ihre angestrebten sportlichen Ziele verfolgen.
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Schön und gut – oder auch nicht. Denn insgeheim kann man nur hoffen, dass die interne Analyse deutlicher ausfiel und vor allem die Ursachen energischer anpackte. Denn die „Chancenverwertung und das schlechte Überzahlspiel“ als hauptverantwortlich für die Situation zu bezeichnen, hat einen faden Beigeschmack von Fadenscheinigkeit und Argumentationsnotstand. Weil sowohl Überzahlspiel als auch Chancenverwertung allenfalls Symptome bzw. das Ergebnis der „wahren“ Ursachen sind.
Gerade das Thema Chancenverwertung ist so wenig greifbar wie eine Qualle in der Badewanne. Und absolut unkonkret obendrein. Erstens darf man nicht vergessen, dass in der DEL 2 hervorragende Goalies am Werk sind und bestens organisierte Abwehrreihen die Gegner in die Zange nehmen. Die Definition einer guten oder schlechten Chancenverwertung kann es also gar nicht geben. Und zweitens muss man – um Chancen verwerten zu können – erst einmal Chancen erarbeiten und vor allem erspielen. Hier hakte es zuletzt bei den Eispiraten gewaltig. Keine Linie, keine Spielzüge, keine Torgefahr – stattdessen Fehlpässe, schlecht getimte Laufwege, kein Zusammenspiel.
Dies wird vor allem im angesprochenen Überzahlspiel deutlich. Da stehen ein Ciernik, Bartek, Pinizzotto, Schietzold und Lee auf dem Eis. Das Ergebnis? Eine Katastrophe gemessen an den Karrieren der Protagonisten. Aber ohne Bewegung wird nur darauf gewartet, dass dem Scheibenführenden schon was einfällt, schließlich muss er es ja drauf haben. Wird da nur Verantwortung hin- und hergeschoben? Ist keiner bereit, den einen Schritt mehr für den Mitspieler zu gehen?
Unbeantwortet ließen die Verantwortlichen außerdem, warum die Eispiraten in 15 Spielen im letzten Drittel nur 4 von 45 Punkten holten und dabei gerade einmal 3 Tore schossen, dafür 26 kassierten. Fehlen den Spielern die Fitness und Kraft? Warum ist das Team trotz – oder gerade wegen? – der langen Vorbereitung körperlich in einem schlechten Zustand?
Weiterhin bleibt nach wie vor ein Rätsel, warum die Pleißestädter auswärts so schwach sind wie seit Jahren nicht mehr. 1 Punkt und 11:30 Tore aus 7 Spielen. Das ist keine Momentaufnahme mehr, das ist ein handfestes Problem, durch welches im weiteren Saisonverlauf viel Boden verloren gehen kann. Sind die Eispiraten auswärts taktisch nicht flexibel genug und legen zu viel Wert auf das Spielerische anstatt auf defensiv-kämperisches Kontereishockey? Weniger ist manchmal mehr, aber man hat bislang stets das Gefühl, das Team wolle es immer nur mit spielerischen Mitteln lösen. Spielerische Mittel, die aber arg beschränkt scheinen.
Bei der Kaderzusammenstellung wird seitens der GmbH die Verstärkung mit qualitativ hochwertigen Neuzugängen betont. Nun befanden sich darunter ein 39jähriger, zwei 36jährige und ein 32jähriger. Laut Otto Rehagel gibt es ja keine jungen und alten Spieler, sondern nur gute und schlechte. Jedoch muss die kritische Frage erlaubt sein, ob es nicht etwas zu viel des Guten war. Ob man dadurch nicht das gewachsene Mannschaftsgefüge der letzten Saison durcheinander gewirbelt hat und nun plötzlich zu viele Häuptlinge ihr Süppchen kochen. Und ob sich die Verantwortlichen nicht zu sehr von den Karrieren der Spieler haben blenden lassen, statt zu erkennen, dass der Zenit des ein oder anderen schon längst überschritten ist. Der erste Punkt erhärtet sich insofern, dass man von außen gesehen nicht wirklich den Eindruck hat, dass da eine eingeschworene Einheit auf dem Eis steht, sondern mehr oder minder Alleinunterhalter, von denen nur wenige bereit sind, für den anderen und vor allem für dessen Fehler auf dem Eis einzustehen.
Der Appell der GmbH, dass Team und Fans nun zu einer Einheit verschmelzen sollen, kann daher nur der zweite Schritt sein. Vielmehr muss erst einmal das Team zu einer Einheit werden und sich auch als solche präsentieren. Dass die Fans bereit sind, ihren Teil beizutragen, dürften die Verantwortlichen ja nicht zuletzt in Bayreuth eindrucksvoll gesehen haben.
Die Probleme der Eispiraten scheinen also tiefer zu liegen als nur am nebligen Begriff der Chancenverwertung und am – gemessen am großen Ganzen – eher untergeordneten Überzahlspiel. Es bleibt zu wünschen, dass die offizielle Stellungnahme der GmbH daher nur eine mehr als weichgespülte Version der tatsächlichen Ergebnisse der internen Analyse war und dass Spieler und Trainer nun die richtigen Lösungen finden. Als Team stehen sie vor ihrer bislang größten Prüfung.