Mit dem gestrigen Spiel gegen Kassel ging das erste Saisonviertel zuende. Jeweils einmal haben sich die Crimmitschauer nun also mit jedem Team der Liga gemessen, so dass es an der Zeit ist, eine erste Zwischenbilanz zu ziehen. Getreu dem etconline-Motto: emotional, kritisch, unabhängig und selbstverständlich subjektiv.

Schauen wir zunächst auf die nackten Zahlen: Mit 15 Punkten und 34:45 Toren belegen die Westsachsen derzeit den 11. Tabellenplatz. Zum selbsterklärten Saisonziel „Platz 6“ fehlen dem Team von Chris Lee 5 Zähler – das ist nicht die Welt. Aber: Zur Roten Laterne sind es gerade einmal 2 Punkte und ehrlich gesagt scheint das kurz- bis mittelfristige Festkleben im unteren Tabellendrittel derzeit realistischer als der Vorstoß in die Tabellenregion, in die man sich eigentlich begeben wollte.

Nüchtern betrachtet spielen die Crimmitschauer nämlich bislang deutlich unter Wert, denn der Kader gibt auf dem Papier mehr her als nur die derzeitige Ausbeute. Dennoch fehlt irgendwie etwas bzw. gibt es mehr Baustellen als einem lieb sein kann.

Zum einen wäre da natürlich die eklatante Auswärtsschwäche. Nun sind die Crimmitschauer eigentlich seit Jahren auswärts ein Punktelieferant, doch so eklatant wie in dieser Saison scheint es lange nicht gewesen zu sein. Nur 1 Punkt aus 6 Spielen und noch dazu 10:27 Tore sichert den Eispiraten eine Rolle im Gruselkabinett der DEL 2.

Weiterhin schwanken die Pleißestädter während des Spiels zu stark. Holten sie im 2. Drittel noch die meisten Punkte der Liga, so läuft nur eine Pause später, nämlich im 3. Drittel regelmäßig rein gar nichts mehr zusammen. Nur 4 Punkte aus 13 Schlussdritteln und ernüchternde 3:22 Tore sind bis dato die Bilanz der letzten 20 Minuten.

Apropos Tore: Lediglich 34 Einschüsse im gegnerischen Tor gelangen den Eispiraten, nur Kaufbeuren und Riessersee haben weniger getroffen. Oftmals hieß es daher in der Vergangenheit, dass die Chancenverwertung das große Manko der Crimmitschauer sei. Das stimmt nur bedingt! Denn nur wer aufs Tor schießt, kann auch Tore erzielen. Und hier haben die Eispiraten regelmäßig Defizite. Immerhin haben 8 Teams der Liga häufiger Richtung Gehäuse gezielt als Crimmitschau. Bei den Eispiraten sind es durchschnittlich genau 30 Schüsse pro Spiel.

Auf der Gegenseite stehen 45 Gegentore, die drittmeisten der Liga. Die Rolle einer Schießbude können die Rot-Weißen also auch in dieser Saison scheinbar wieder nicht ablegen. Dazu kommt, dass die Gegner zu oft zum Torschuss eingeladen werden, satte 34.2 mal pro Spiel. Nur die Goalies Freiburgs und Heilbronns bekommen mehr Pucks um die Ohren.

Bei den Special Teams läuft es so lala. Mit Platz 9 (15.9%) im Powerplay und Platz 7 (81.7%) im Penaltykilling ist durchaus noch Luft nach oben.

Wagen wir nun also den Blick auf die einzelnen Spieler, denn irgendwoher muss ja die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit kommen.

Bei Ryan Nie (13 Sp, 3.35 GT/Sp, 89.77%, 0 SO) liegen diese beiden Aspekte jedoch recht nah beisammen. Zwar ist die Fangquote von 89.77% allenfalls unterer Durchschnitt, doch hat man des Gefühl, dass Nie die meisten Großchancen in der ganzen Liga vereitelt. Gegen Frankfurt und Kaufbeuren etwa hielt der Kanadier in den Schlussminuten die Punkte fest. Nur zu Beginn der Saison hat er sich einige „Graupen“ gefangen, die vermeidbar waren.

In den Abwehrreihen der Eispiraten mangelt es mitunter am Mitdenken und Vorausahnen der gegnerischen Aktionen. Kein Wunder, dass die Konkurrenz zu oft und zu ungestört zum Abschluss kommt. Leidglich Jakub Körner (9 Sp, 1+2, +-0) und mit Abstrichen Danny Pyka (13 Sp, 0+4, -4) und Jan Tramm (10 Sp, 0+2, -2) konnten defensiv bisher voll überzeugen. Mit Körner fehlt nun der beständigste Verteidiger leider verletzungsbedingt, was es nicht besser macht.

Bei Dominic Walsh (12 Sp, 2+6, -6) hat man einmal mehr gesehen, dass er als Stürmer dem Team einen größeren Gefallen tut denn als Abwehrspieler. Als Walsh wegen der vielen Verletzten vor kurzem im Sturm aushalf, kam jedenfalls mehr bei rum als wenn er in der eigenen Zone im negativen Sinn für Unruhe sorgt.

Auch Kapitän André Schietzold (13 Sp, 2+2, -5) ist noch längst nicht da, wo er vergangene Saison war. Klar, die Messlatte liegt hoch, nachdem er 2015/16 als Defender 39 Scorerpunkte erzielte. Es geht aber nicht nur um die Aktionen nach vorne, die bislang viel zu selten seinen gefährlichen Schlagschuss zum Ergebnis hatten, sondern natürlich auch um das Verhalten vor dem eigenen Tor, das nach wie vor nicht optimal ist.

Nach einem von Fehlern und Unzulänglichkeiten geprägten Saisonstart hat Lukas Pozivil (13 Sp, 0+2, -4) zwar inzwischen die Kurve etwas bekommen und seine Leistungen stabilisiert, doch eigentlich war der Deutsch-Tscheche nicht nur als Mitläufer verpflichtet worden.

Philipp Halbauer (13 Sp, 0+5, +5) ist bis dato manchmal mehr Fehlerquelle denn Torverhinderer, denn in Drucksituationen fehlt ihm der Blick für die richtige Lösung und so mancher Pass landete schon unnötig auf dem Schläger des Gegners. Dennoch ist der 19jährige weiterhin auf einem guten Weg und erledigt seine Aufgaben besser als manch seiner erfahreneren Kollegen.

Kommen wir zur angreifenden Fraktion des Eispiraten-Kaders. Dass die Stürmer ihre Aufgaben mit einer Bilanz von 2,6 Toren pro Spiel nicht unbedingt ausreichend erledigen, kam weiter oben bereits zur Sprache.

Ein Sinnbild dieser überschaubaren Torausbeute ist zweifelsfrei Ivan Ciernik (13 Sp, 1+5, -1), den man getrost als die bislang größte Enttäuschung im Team sehen kann. Zu Saisonbeginn hielt sich hartnäckig die Annahme, dass er noch mit den Leistenproblemen aus der Vorbereitung zu kämpfen hat. Nach nunmehr 13 Spielen kann man dies als Ursache für die insgesamt schwachen Auftritte aber mehr und mehr in Frage stellen. Klar, hat Ciernik den Puck, den er obendrein im Zweikampf gut und clever behaupten kann, kommt meist etwas Durchdachtes heraus. Doch ohne Puck fehlen dem einstigen DEL-Torjäger sämtliche Qualitäten, die für mehr Torgefahr nötig sind, dabei in erster Linie Spritzigkeit, Dynamik und Schnelligkeit. Bei Ciernik spielt sich alles irgendwie im gleichen Tempo ab, und das ist nicht sonderlich hoch.

Ganz anders hingegen Mark Lee (13 Sp, 6+8, -4), der mit viel Einsatz und Energie ein enorm aufwändiges Spiel betreibt. Aber: Effizienz ist dem Kanadier scheinbar ein Fremdwort. Sprich, für den hohen Einsatz erntet er bislang nur wenig Lohn, wirkt zudem manchmal überhastet und übermotiviert. Als einer, der voran geht, als Kämpfer und als Antreiber dennoch unverzichtbar, als Scorer aber zweifelsfrei ersetzbar. Und genau daran scheiden sich derzeit die Geister. Man darf gespannt sein, ob der bis Ende Oktober befristete Vertrag verlängert wird.

Scheidende Geister beschwört auch Mike Hoeffel (13 Sp, 6+5, +5) herauf. Doch es muss von Anfang an klar gewesen sein, dass der hochgewachsene US-Amerikaner keiner der Marke Torjäger und Topscorer ist. Es wäre daher unfair, ihm den eher durchschnittlichen Scoringtouch zur Last zu legen. Vielmehr überzeugt der Koloss durch seine ausgezeichneten läuferischen Qualitäten und seine Dynamik. Zu diesen Qualitäten die passenden Nebenleute zu finden, ist Coach Chris Lee allerdings bis dato noch nicht so richtig gelungen.

Ganz stark angefangen und zuletzt aber merklich nachgelassen hat Erik Gollenbeck (13 Sp, 5+4, +2), der lange Zeit den Goldhelm trug, aber dann etwas aus der Spur gekommen ist und an Durchsetzungsvermögen verloren hat.

Bei Bernhard Keil (8 Sp, 2+3, -1) wird es in den nächsten Spielen darauf angekommen, nach den Turbulenzen rund um seinen Autounfall sich aufs Sportliche zu konzentrieren. Dass er es kann, wissen wir ja. Das hätten wir an dieser Stelle auch gern über Daniel Bucheli (8 Sp, 0+2, -8) geschrieben, der bis zu seiner schweren Schulterverletzung seine wohl schwächste Phase in 4 Jahren Crimmitschau hatte. Sein Können wird er nun wohl aber erst wieder in der kommenden Saison zeigen dürfen. Wie lange es bei Vincent Schlenker (8 Sp, 1+3, -3) bis zur Rückkehr dauern wird, ist ebenso ungewiss. Der erneute Fußbruch wird aber hoffentlich bis Ende November ausgeheilt sein. Danach kann Schlenker durchaus an seine bisherigen Leistungen anknüpfen, denn die gaben genauso wie die von Christoph Kabitzky (5 Sp, 0+2, +1) keinen Anlass zur vollkommenen Unzufriedenheit.

Reichlich Understatement wäre solch eine Beurteilung bei Patrick Pohl (13 Sp, 4+4, -6), denn der Berliner ist technisch der wohl versierteste Angreifer im Team und tritt nach kurzen Startschwierigkeiten inzwischen als selbstbewusster Spielmacher auf. Vielleicht manchmal etwas zu verspielt, anstatt den Abschluss zu suchen, aber es macht Spaß, Pohl vorne zuzusehen. Hinten allerdings guckt man mitunter lieber weg…

Damit wäre die Einzelkritik abegschlossen. Moment…. Jason Pinizzotto (13 Sp, 3+4, +- 0) hätten wir fast vergessen. Nun, so wenig auffällig spielt er dann doch nicht, dass man ihn gleich übersehen würde, aber von einem erfahrenen Spieler, der gefühlt genauso viele Playoff-Spiele in seiner Karriere absolviert hat wie der gesamte Rest der Eispiraten, könnte schon etwas mehr kommen. Pinizzotto zeigt zwar Präsenz vor dem Tor, ist aber irgendwie zu sehr nur dabei, statt mittendrin.

Auch nicht vergessen werden sollen an dieser Stelle Henning Schroth, Ole Olleff, Valerij Guts, Alexander Karachun und Martin Bartek, die mangels Einsätzen nicht richtig beurteilt werden können. Doch gerade beim Letztgenannten hoffen wir nach dem zweiten Saisonviertel umso positiver schreiben zu können.

Nach den langen Zeilen nun noch einmal die Eispiraten-Cracks kompakt im Überblick mit Schulnoten versehen.

Note 1 – sehr gut
Note 2 – gut Mike Hoeffel, Ryan Nie, Jakub Körner, Patrick Pohl
Note 3 – befriedigend Danny Pyka, Jan Tramm, Philipp Halbauer, Mark Lee, Erik Gollenbeck, Vincent Schlenker, Christoph Kabitzky
Note 4 – ausreichend Dominic Walsh, André Schietzold, Lukas Pozivil, Jason Pinizzotto, Bernhard Keil
Note 5 – mangelhaft Ivan Ciernik, Daniel Bucheli
Note 6 – ungenügend
ohne Bewertung Henning Schroth, Ole Olleff, Valerij Guts, Alexander Karachun, Martin Bartek

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