Als ich ein kleiner Junge war, habe  ich mich sehr für Tiere interessiert. Was können die so, was zeichnet die aus? Wie schnell können sie rennen? Wie groß können sie werden? Wie schwer? Vor wieviel Millionen Jahren lebten sie etc. etc. Vom Pfeilgiftfrosch bis zur Schluckspechtfisch war nichts vor mir sicher. Wer hätte gedacht, dass ich diese kindliche Leidenschaft noch einmal wieder entdecken kann und wir uns mit dem heutigen Backcheck in den Lebensbereich des Oppossums begeben? Kommt mit in „Backis Tierlexikon.“

Eispiraten Crimmitschau – EC Bad Nauheim

Mit Peter Russell steht ein alter Bekannter hinter der Nauheimer Bande. Erfolgreich in Freiburg gestartet, wanderte Russell nach Ravensburg ab, nur um dann im englischen Eishockey seinen Fußabdruck zu hinterlassen. Nun ist das Rüsseltier doch wieder zurück in den Katakomben der DEL 2 und coacht die roten Teufel aus Nauheim. Im dritten Heimspiel der Saison sollte der dritte Sieg her, doch die Eispiraten griffen ungefähr so beherzt ein, wie ein Goldfisch bei einem Wohnungsbrand. Charakteristisch für Goldfische wird oft angeführt, dass dieses nur eine sehr geringe Gedächtnisleistung hätten. Man sagt bereits nach 7 Sekunden hätten sie wieder vergessen, was noch 7 Sekunden vorher war. Dafür sehen sie aber mehr Farben, als der Mensch. Schön bunt, aber vergessen was genau klingt nach dem Credo was die Eispiraten gegen Nauheim zeigten. Zwar wackelte man sich immer wieder ins Spiel zurück, lud aber auch sinnlos immer wieder Nauheim zu Toren ein. Den ersten Fehler beging dann Jordan Schluckaufmotte (Hickmott) als er in der 8. Minute den Puck in Richtung Tor warf und er an Freund und Feind abprallte und schlussendlich vom Schlittschuh von Saponari ins Tor hinter Kevin Reich einschlug. Die Goldfischcrew schüttelte sich kurz, konnte den Gegentreffer gut vergessen und nur eine Minute später sollte der Ausgleich hergestellt sein. McCormick hickmottete den Puck im Powerplay Richtung Mackin und von dessen Schlittschuh passierte die Scheibe die Torlinie. Sehr zum Missfallen von Jerry Kuhn. Hätte Ladislav Zikmund nach Traumpass von Saponari nicht gerade seinen Factory – Reset gehabt, dann hätte es auch gut und gern 2:1 für die Eispiraten in die Pause gehen können, aber Updates sind wichtig, um die neuesten Sicherheitslücken zu schließen.

Im zweiten Drittel das gleiche Spiel – Crimmitschau mäanderte so herum und Nauheim machte den nächsten Treffer. Ein unglücklich raus springender Puck konnte von den Crimmitschauer Verteidigern nicht mehr erreicht werden und der „Gnypser“ sagte danke und überraschte Reich mit seinem Treffer zum 1:2 (24. Minute). McGauley testete daraufhin das Gestänge hinter Kuhn und Brune spielte die „Brunvollendete“ als er das leere Tor verfehlte. Auch ein schöner Rückhandschlenzer von Walsh sollte in den Tatzen von Kuhn verschwinden und die Eispiraten ackerten und ackerten bis sich in der 32. Minute Adam McTormick ein Herz fasste und den Teufeln gehörig die Hörner stutzte mit seinem Treffer zum 2:2.

Wie man ein Eishockeyspiel dann so richtig verderben kann, zeigten die Teufel in Minute 49 und 57. und vermiesten den Eispiraten mal richtig den Abend. Zunächst sollte Andres Bires einen Schuss vor Reich unhaltbar abfälschen und kurz vor Schluss konnte Volek nach einem katastrophalen Aufbau der Eispiraten im Angriffsdrittel aus dem Halbfeld den Puck im verwaisten Tor der Eispiraten zum 2:4 versenken. Wie Seeschnecken waberten die Eispiraten in diesem Drittel über den Meeresboden und jegliche Angriffe wirkten, als würde man versuchen mit einem Wackelpudding einen Nagel in die Wand zu schlagen. Mit einer ernüchternden, aber nicht unverdienten Niederlage hatten die Eispiraten somit bereits ihren ersten Misserfolg des Wochenendes weg … es konnte also nur besser werden und es wurde besser.

Starbulls Rosenheim – Eispiraten Crimmitschau

Zum zweiten Spiel des Wochenendes sollten die Eispiraten eine ganz besondere Taktik anwenden und das mit Erfolg.

Zum Auftakt des Spiels hatten sich die Eispiraten etwas ganz Besonderes einfallen lassen, denn alle 3 Torschüsse des ersten Drittels wurden in der ersten Minute des Spiels abgefeuert. Nachdem dieser Angriffsreigen aber an Autio verpuffte, besann man sich vor allem auf die Defensivarbeit. Gut, zwischendurch verpasste man es den völlig frei stehenden Feser weg zu verteidigen, aber der hat ja bei uns schon nie was getroffen und hatte nicht für umsonst den Spitznamen „Laser – Failer“ .. oder so. Danach rannten die Bullen zwar immer wieder an, aber ein hervorragend aufgelegter Kevin Reich und eine Abwehr, die ungefähr so nervt, wie ein Veganer beim Metzger. Immer wieder stand man den Starbulls auf den Füßen, ging aggressiv in die Zweikämpfe, machte die Zonen zu und tat selbst so gut wie nix für das offensive Spiel. Faktisch waren die Angriffsbemühungen der Eispiraten im ersten Drittel rein homöopathisch und Oskar Autio träumte sicher schon vom Shutout mit drei abgewehrten Schüssen. Zu harmlos und mausetot schienen die Eispiraten nach vorn und das man ein Eishockeyspiel gewinnen kann mit einfach nur hinten nerven, hätten wohl auch die wenigsten erwartet.

Die Stiere schienen endlich in ruhigere Fahrwasser zu kommen, als das zweite Drittel begann, denn die Eispiraten waren ungefähr so interessant wie die Zugdurchsagen der deutschen Bahn. Jordan Taupert fasste sich ein Herz und startete mit seiner Seereise aus dem eigenen Drittel bis vor den Kasten von Kevin Reich. Schnell und dynamisch tauchte der Kanadier auf, tankte sich durch die Reihen der Eispiraten und suchte mit einem sehenswerten Abschluss den Torerfolg. Was Taupert noch nicht gelingen sollte, gelang Luigi Calzone, als er den Rebound von Taupert aufnahm und den Puck vorbei ins lange Eck schlenzte. Die Eispiraten griffen zu ihrer altbewährten Taktik und machten erstmal den Leidborg. Weiter hinten mauern und vorn fällt schon einer rein und weil die Eispiraten wirklich hervorragend im Mimikry sind und ein Oppossum hervorragend imitieren können, stellte man sich weiterhin bis zur 40. Minute tot und ließ die Zunge raus hängen. Oppossums sind kleine Beutelratten, welche sich bei Gefahr im Verzug tot stellen, die Zunge raus hängen lassen und schlecht riechende Düfte absondern. Ungefähr so ähnlich dürften die Eispiraten für die Starbulls ausgesehen haben, bis aus den Beutelratten auf einmal Beuteratten wurden. Völlig unerwartet erwachte in der 40. Minute McCormick und zog einen Blueliner in Richtung Tor. Louis Brune stand nach diesem Schuss genau richtig und überwand den sichtlich orientierungslosen Autio zum völlig unerwarteten 1:1.

Ein Geistesblitz vom „Mastermind Mackin“ in der 47. Minute sollte den Starbulls dann endgültig die Zähne ziehen. Der Amerikaner arbeitete sich in der Rosenheimer Defensive auf der Grundlinie durch drei Verteidiger und legte clever in den Slot zum völlig frei stehenden Brune, der Autio durch die Beine überwinden konnte. Der Rest des Spiels ist schnell erzählt – die Eispiraten verteidigten alles weg wie eine Helikoptermama jegliche emotionale Belastungen für ihr Kind und am Ende feierte man drei Punkte bei einem leckeren Rinderfilet.

Nun, es mag nicht schön ausgesehen haben wie die Eispiraten die drei Punkte eingefahren haben, aber mit einer disziplinierten Spielweise zog man hier den Starbulls die Energie und schlug im richtigen Moment zu. Dennoch muss sich die Mannschaft etwas für die Offensive überlegen, denn die kreierten Angriffschancen waren an einer Hand abzuzählen. Gelingt es weiterhin die Spiele eng zu halten, kann das eine durchaus erfolgreiche Taktik sein, aber es darf bezweifelt werden, dass es im weiteren Verlauf der Saison leichter wird Torchancen zu kreieren, wenn die Gegner sich eingespielt haben. Ob es in diese Richtung eine positive Entwicklung geben wird, wird sich bereits am Freitag, den 10.10.2024 im Heimathafen Sahnpark sehen, wenn es gegen die erfolgreich gestarteten und das Defensivbollwerk der Liga die Eisbären Regensburg geht.

Adam McCormick– Denker und Lenker in der Abwehr mit wichtigen Assist und ganz feinen Händen, unaufgeregt, abgeklärt, effizient
Till Michel– stellvertretend für die dritte Reihe, die einen hervorragenden Job in Rosenheim gemacht hat
Louis Brune– Doppelpacker