Zwei Spiele, zwei Déjà-vus und ein Wochenende, an dem die Eispiraten selbst Sisyphos stolz gemacht hätten: erst begeistern, dann kollabieren, schließlich wieder tapfer aufstehen, nur um am Ende doch vom Eishockeygott ausgelacht zu werden. Zwischen Murmeltier-Momenten in Weißwasser, blindfliegenden Schiedsrichtern in Kassel und Piraten, die kunstvoll zaubern, um sich danach selbst ein Bein zu stellen, boten die Crimmitschauer ein Spektakel aus Drama, Slapstick und Hockey-Magie. Wer nach diesen Partien noch glaubt, Eishockey sei berechenbar, hat wohl die Lottozahlen auch beim Malen nach Zahlen vorhergesagt. – denn an diesem Wochenende war alles drin: brillante Treffer, absurde Entscheidungen, wilde Wendungen und ein endgültiges Gefühl, als würde das Universum persönlich gegen die Eispiraten wetten.

Murmeltier-Alarm: Eispiraten gefangen in der Endlosschleife

Im Murmeltierbau von Weißwasser erlebten die Eispiraten einmal mehr ihr ganz eigenes Déjà-vu: erst glänzen, dann taumeln, schließlich untergehen. Über zwei Drittel dominierten sie das Geschehen mit Spielfreude, Witz und Kunststücken, nur um das Erarbeitete im Schlussabschnitt wieder selbst zu zerstören. Was als souveräner Auftritt begann, endete in einem Strudel aus Leichtsinn, verpassten Chancen und einem Gegner, der plötzlich eiskalt zuschlug.

Die Eispiraten versprühen über 40 Minuten ihren Charme, wickeln die Pelzträger ein und führen allerlei Kunststücke auf, nur um dann irgendwie die eigene Leistung mit dem Hintern wieder einzureißen. Zwei Drittel lang schwammen die Füchse umher wie Jack Dawson in Titanic. Krampfend, frierend, strampelnd versuchten sie sich irgendwie hoch zu ziehen und bei jedem Angriff der Eispiraten sollte das Zittern schlimmer werden. Einzig und allein Anthony Morrone war es zu verdanken, dass die Füchse nach 40 Minuten noch nicht filetiert waren. Nach 12 Minuten hatte der Captain der Eispiraten Dominic Walsh ebenjenen Morrone erstmalig zum 1:0 überwunden. Wenn ich Fanunterwäsche kaufen würde, dann würde ich Unterwäsche mit Walsh’s Gesicht drauf kaufen nur um Morrone gleich nochmal ins Gesicht reiben zu können, wer getroffen hat. 29 Minuten sollte es dauern bis Alexis D’Aoust den Ausgleich erzielte (1:1) und kürzer als die Beziehung zwischen zwei 13- Jährigen sollte es dauern, bis die Eispiraten erneut führten. Louis Brune musste nach sauberer Aufnahme von Sheyvrin, Pass vors Tor zu Saponari und Querpass nur noch die Kelle rein halten und 12 Sekunden später führten die Eispiraten erneut. (2:1)

Das letzte Blubbern der Füchse sollte sich jedoch zu einem Unterwasserstrudel für die Eispiraten entwickeln und zur Versenkung des Kahns führen. Wie Rentner, die im All Inclusive Urlaub die Büffets stürmen, rannten die Eispiraten völlig blind nach vorn und öffneten dabei die Büchse der Pandorra. In der 43. Minute war es zunächst Georgiy Sackgang, der unbedingt einen seiner zwei Saisontreffer, die er im Schnitt erzielt gegen die Eispiraten erzielen musste (43. Minute, 2:2). Mit einem knallharten Handgelenkschuss giebelte er den Puck zum Ausgleich in die Maschen und weil ehemalige Piraten scheinbar gern gegen aktuelle Piraten treffen, legte D’Aoust in der 48. Minute im Powerplay gar zum 3:2 nach. Freudestrahlend hibbelte der Weisswasseraner Stadionsprecher in seiner Kabine umher und als Kyle Havlena in der 55. Minute gar das 4:2 nachlegte kreischte er vor Freude ins Mikrofon wie Friedrich Merz, wenn er wieder ein paar Arbeitslose sanktionieren kann. Zu allem Übel legte Heyter in der 58. Minute noch das 5:2 drauf und die Eispiraten gingen sang- und klanglos unter.

Schiri-Bingo: Augen hab ich, geh’n nur nicht. 

Was als emotionales Duell hätte enden können, entwickelte sich für die Eispiraten zu einem Abend voller fragwürdiger Entscheidungen, durcheinandergewirbelter Knochen und einem Torfestival, das mit jeder Minute absurder wurde. Zwischen nicht gegebenen Strafen, artistischen Sololäufen und einem Finale, das an die Launen eines schlecht gelaunten Eishockeygottes erinnerte, kämpften sich die Eispiraten tapfer durch ein Spiel, das sie mehrmals gewannen, nur um es dann wieder zwischen den Fingern zerrinnen zu lassen.

Warum Luca Münzenberger nach 28 Sekunden nicht seine Sachen packen und seinen Arbeitstag beenden durfte, dürften nur die mit der Sehkraft eines 90-jährigen bei finsterster Polarnacht gesegneten Schiedsrichter Janssen und Schütz beantworten können. Mit einem überharten Einsteigen gegen Saponari eröffneten die Huskies ihre Schnitzeljagd und klopften munter auf Alles ein, was ein rotes Trikot trug. Klar mit der Schulter nach oben in Richtung Kopf ist in der Jugenddisco möglicherweise romantisch, im Eishockey jedoch ein klares Foul, gerade wenn es eine schwere Verletzung nach sich zieht. Da Janssen aber gerade noch seine Kassel Huskies Unterwäsche richten musste und Schütz seinen Liebesbrief an Münzenberger noch mit Herzchen statt I-Punkten spickte, blieben die Pfeifen der zwei Hauptschiedsrichter stumm und Saponari wanderte direkt in die Kabine und statt des räudigen Köters ging der einarmige Bandit duschen und beendete seinen Arbeitstag. Die Eispiraten ließen sich davon jedoch nicht entmutigen und Louis Brune setzte an zu seinem zweiten Treffer des Wochenendes – und wie! Der agile Angreifer agierte absolut atemberaubend, antrittsstark und verdrehte Hans Detsch das luftige Köpfchen und die Beine, warf ihm dabei noch eine Kusshand zu, nahm sich Maurer vor und ließ die Wand im Tor der Huskies wie eine Putzwand zusammen klappen. 1:0 (9.Minute) Leider sollte die Führung nur von kurzer Dauer sein, denn Bodnarchuk glich mit einem Schlenzer ins linke Eck die Führung der Hausherren aus. 1:1, 9. Minute) Doch wem, außer Dominic Walsh sollte es vorbehalten sein, den 6.500 Pflichtspieltreffer der Eispiraten und damit die erneute Führung zu erzielen? Der brausende Brite ballerte beinahe bedenkenlos den Puck in der 13. Minute zur abermaligen Führung zum 2:1 ins Netz. Nach einer starken Druckphase der Huskies nutzte Wilde den Wechsel der erschöpften Eispiraten um sich zwischen den Verteidigern hindurch zu pflügen und zum Ausgleich einzunetzen. (18. Minute, 2:2) Bodo Wilde (O-Ton Marcel Köhler) könnte auch bei Räuber Hotzenplotz ein Räuberhauptmann sein, aber er spielt lieber Eishockey und verärgert die treuen Sahnparkanhänger. Zu allem Unglück vollendete Valenti in der 31. Minute gar zum 2:3 und nun mussten sich die Eispiraten zum Ausgleich robben. 27 Minuten sollte es dauern bis Tim McGauley einen absoluten Geniestreich von Veber unter das Dach von Maurer hebelte 58. Minute, 3:3). Normalerweise hätte Waschmaschinenbetreiber Woodcroft jetzt seiner Mannschaft erzählt das Spielen noch weiter einzustellen und den sicher geglaubten Sieg endgültig zu verschenken, doch die Eispiraten hatten ein Herz für Tiere und so kämpften sich die Huskies in die Overtime. Leider sollte auch diese nicht die Entscheidung bringen und so verwandelte am Ende Tyler Benson den entscheidenden Penalty und hinterließ bei den Eispiraten nach 5 starken Dritteln am Wochenende die magere Punktausbeute von einem Punkt. Oh Eishockeygott du sarkastischer Drecksack.

Mirko Sacher– Unzerstörbar, ruhig, konsequent
Dominic Walsh – Scoringmachine und 6.500 Treffer für die Eispiraten
Louis Brune– Doppelpacker