eishockeynewsDer 44-jährige Esbjön Hofverberg hat vom Eishockey noch lange nicht genug

Esbjörn Hofverberg ist außergewöhnlich. In jeder Hinsicht. Er ist in Seoul geboren – nicht viel Südkoreaner verdienen mit Eishockey ihr Geld. Weltweit gibt es sicher nur wenige Profis, die kleiner sind als Esa, der gerade einmal 166 Zentimeter misst. Mit seinen 44 Jahren gehört er außerdem zu den ältesten Spielern im deutschen Profi-Eishockey. Einzigartig macht Hofverberg allerdings die Art und Weise, wie er Eishockey spielt. Als Verteidiger oder Stürmer ein Stratege auf dem Eis, der niemals aufgibt, für sein Team alles tut und sich für nichts zu schade ist, haben ihn die Fans im Westen und Osten Deutschlands in ihr Herz geschlossen. „Eishockey ist für mich alles“, sagt Esa. „Ich habe mit drei Jahren begonnen und seitdem steht es im Mittelpunkt meines Lebens“.

Außergewöhnlich – dieses Attribut begleitet Esa durch sein Leben, praktisch von Geburt an. Er wurde als Baby in einem Kinderheim abgegeben. Seine biologischen Eltern kennt er nicht. Als er ein Jahr alt war, wurde er von den Hofverbergs adoptiert und nach Schweden geholt. Die Frage, wer seine leiblichen Eltern sind, verfolgt Esa bis heute. „Natürlich würde ich das gerne wissen, aber da ist auch die Angst davor, was ich da finde. Ich bin mir nicht sicher, ob ich so tief einsteigen will.“ Vielleicht auch, weil Esa bei seinen neuen Eltern im schwedischen Klemensnäs unweit Skelleftea alles bekam. Und noch mehr: „Ich war das einzige Kind in unserer Familie. Mir wurde jeder WUnsch erfüllt“, sagt Esa. Und was wünscht sich ein kleiner Bub im hohen Norden der schwedischen Westküste? Na klar, er will Eishockey spielen! In den Nachwuchsteams war Esa stets ein Blickfang. Aber nicht nur, weil er klein war, seine Augen schmaler und seine Haut dunkler als die der anderen. Dieser Bub war auch besser als die meisten seiner Kameraden oder Gegenspieler. „Wenn du anders bist, kriegst du immer was ab“, erinnert sich Esa, „aber ich habe versucht, mit Leistung darauf zu antworten.“

Foto: Marga

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Das gelang ihm ganz gut. Als Senior etablierte sich der kleine Hofverberg in der starken Division 1, der zweithöchsten Spielklasse Schwedens. Doch irgendwann wurde das langweilig. „Immer die gleichen Städte, die gleichen Teams mit den gleichen Spielern. Immer nur vor ein paar 100 Leuten spielen – ich wollte etwas anderes erleben.“ Spielervermittler Jaro Tuma wurde beauftragt und konnte bald einen Vorschlag unterbreiten. Der Grefrather EV in der deutschen 1. Liga hatte Interesse an dem schwedischen Verteidiger. Der Transfer klappte und der Club im Westen an der Grenze zu Holland durfte sich drei Spielzeiten lang über den kleinen Wirbelwind freuen, der von hinten heraus das Spiel machte und seine Mannschaft unermüdlich nach vorne trieb. Dabei hatte dieser Hofverberg ein ungemein gutes Gefühl für die Situation. Er konnte das Spiel gut lesen und mit seinen läuferischen und technischen Fähigkeiten auch gut lenken. Kein Wunder, dass höherklassige Clubs auf diesen Spieler aufmerksam wurden.

Über Herford und einen Abstecher nach Skelleftea ging es 2001 nach Crimmitschau in die 2. Bundesliga. Hier sollte Esa sein Zuhause finden und auch sein privates Glück. Gleich in seinem ersten Jahr lernte er seine Kati kennen. Zusammen haben die beiden eine 10-jährige Tochter und einen 8-jährigen Sohn, die beide Eishockey spielen.

In fünf Jahren bauten sich Hofverberg und seine Familie in Crimmitschau eine Existenz auf. Er stieg mit dem ETC in dei Oberliga ab und wieder auf, doch dann trennten sich überraschend die Wege.

Foto: Digitalfoto Matthias

Foto: Digitalfoto Matthias

Dies war 2006. Esa war mittlerweile 36 Jahre alt und drängte auf einen Zwei-Jahres-Vertrag. Crimmitschau zögerte, da schlug Leipzig zu. Zwei Jahre wirbelte der kleine Verteidiger erst in der Regionalliga, dann in der Oberliga, ehe ihn eine Knieverletztung ausbremste. „Es war meine dritte und die Ärzte rieten mir aufzuhören.“ Schweren Herzens erklärte Esa Hofverberg sein Karriere-Ende, arbeitete als Golf-Lehrer und spielte für Crimmitschau Tennis. Auf den Sandplätzen wurde eine ganz andere Beinmuskulatur aufgebaut. Bald wurden die Knieprobleme besser, und als nach zwei Jahren ein Angebot aus Weiden für die bayerische Landesliga hereinflatterte, konnte der 39-jährige nicht Nein sagen. Auch nicht, als nach der Saison das Telefon klingelte und sich die Wild Boys Chemnitz meldeten. Für sie sollte Hofverberg im Sturm Regie führen. Kein Problem: „Ich spiele da, wo ich der Mannschaft am meisten helfen kann. Hauptsache ich kann spielen“, sagte Esa und griff die neue Aufgabe mit alter Leidenschaft an.

Fotos: IHP-24

Fotos: IHP-24

Hofverbergs Qualitäten waren mittlerweile auch in der Kabine gefragt, wo er mit seinem grenzenlosen Optimismus und seiner Erfahrung längst zu einem wichtigen Bindeglied zwischen Trainer und Mannschaft geworden war. So holte ihn in der Saison darauf Crimmitschau während der laufenden Runde für eineinhalb Jahre in die 2. Liga zurück, ehe es über Chemnitz nach Leipzig ging. Und hier muss noch lange nicht Endstation sein. „Ich brauche das Eis, die Spiele, das Publikum. Seit 40 Jahren ist das mein Leben. Das ist mir in Fleisch und Blut übergegangen“, sagt Esa. Doch die Zeit ist selbst für ihn ein übermächtiger Gegner. Aber: „So lange ich merke, ich kann meiner Mannschaft helfen und ich habe noch Spaß daran, so lange werde ich spielen und jede Minute auf dem Eis genießen.“ Nicht nur Esa Hofverberg wird sie genießen, auch die Menschen, die dem kleinen Kämpfer mit dem großen Herzen dabei zusehen dürfen.

(Text: Willi Lüdeking, erschienen in: Eishockey NEWS, Printausgabe vom 03.03.2015)