Nach dem Überraschungserfolg gegen Kaufbeuren haben die Eispiraten mit den Ravensburg Towerstars gleich das nächste Topteam vor der Brust. Und diese entwickeln gerade eine Dynamik, mit welcher sich die Oberschwaben im Kreise der Titelkandidaten zurückmelden.



Und alles scheint an einem Mann zu hängen: Peter Russell. Der schottische Coach, der die Towerstars im Vorjahr bis ins Playoff-Finale führte, kehrte vor 3 Wochen nach einem recht glücklosen Abstecher in die DEL (Augsburg) zurück ins Schussental und seither suhlt sich das Team im Erfolg. Unter der Ägide Russells holten die Ravensburger 15 von 18 möglichen Punkten, 24:11 Tore, und festigen auf Rang 3 mit 74 Punkten und 142:117 Toren ihren Anspruch auf das Playoff-Heimrecht. Dabei war das Team auch zuvor durchaus erfolgreich, aber Club und Umfeld schienen mit Ex-Coach Tim Kehler nie richtig warm zu werden. „Ihr“ Peter hatte sich mit der erfolgreichen Saison 2021/22 in das Ravensburger Selbstverständnis eingebrannt und so war wohl kein Trainer außer Russell gut genug für die Oberschwaben. Als sich die Möglichkeit bot, wurde Tim Kehler auf Platz 5 stehend also vor die Tür gesetzt und keine 5 Minuten später per gesonderter Pressemeldung mit Pauken und Trompeten die Rückkehr Russells verkündet. Freilich nutzte man die Gelegenheit, um Kehler noch die mangelnde Entwicklung der Mannschaft anzulasten und im das Vertrauen in das Erreichen der langfristigen Ziele abzusprechen. Bei der Vorstellung Russells legte man gleich noch nach und äußerte durch die Blume, dass Kehler nach Saisonende eh keine Rolle in den Planungen mehr gespielt hätte. Ravensburg und Russell, es kommt zusammen, was zusammen gehört. Das ganze Rückholmanöver spricht Bände, wenn auch nicht sonderlich ehrbare. Ob die heile Ravensburger Welt bis Russells Vertragsende 2025 zusammenhält, warten wir mit Spannung ab.

Zurück zum Sportlichen. Wollen die Ravensburger nach 2021/22 erneut ins Finale einziehen, gilt es in den kommenden Wochen allerdings noch ein bisschen was zu verbessern. Insbesondere in der Defensive, die im Vorjahr sattelfester war und in der auch Goalie Jonas Langmann (38 Sp, 2.65 GT/Sp, 91.12%, 3 SO) durchaus noch ein paar Prozent mehr in die Waagschale werfen konnte. Backup Jonas Stettmer (8 Sp, 2.48 GT/Sp, 91.38%, 0 SO) hat sich zumindest schon einmal als mittel- bis langfristige Alternative ins Spiel gebracht.

In den Abwehrreihen vor den Goalies liefern Julian Eichinger (40 Sp, 5+20), Pawel Dronia (41 Sp, 2+13), Florin Ketterer (37 Sp, 2+11) und Denis Pfaffengut (39 Sp, 0+7) mit ihrer ganzen Routine insgesamt recht gute Leistungen, wobei aber vor allem die jungen Oliver Granz (40 Sp, 4+17) und Tim Sezemsky (40 Sp, 0+19) heuer verstärkt die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und einen wirklich großen Schritt gemacht haben. Daniel Schwaiger (31 Sp, 3+0) steht dazu ebenfalls schon in den Startlöchern.

Wo es defensiv vielleicht noch an der ein oder anderen Stellschraube zu drehen gilt, läuft es im Angriff der Ravensburger schon deutlich geschmierter, zumindest sprechen die zweitmeisten Tore der Liga dafür. Anführer des Ganzen ist Sam Herr (USA, 42 Sp, 23+22), der seine 40-Tore-Marke aus dem Vorjahr wieder im Visier hat. Zumeist als geniereicher Vorbereiter tritt Charlie Sarault (CAN, 37 Sp, 9+33) auf, während Robbie Czarnik (USA, 40 Sp, 18+17) und Josh MacDonald (CAN, 40 Sp, 17+16) ein bisschen was von allem auf sich vereinen. Satte 67 Tore entsprangen also den Schlägern der Kontingentstürmer, was sich sehen lassen kann. Und weil mit Fabian Dietz (41 Sp, 15+15), Maximilian Hadraschek (41 Sp, 8+12), Nick Latta (36 Sp, 8+11), Vincent Hessler (41 Sp, 8+7) und Louis Latta (40 Sp, 7+4) eine ganze Reihe starker deutscher Angreifer im Aufgebot steht, zählen die Ravensburger selbstverständlich zum Kreis der Titelkandidaten. Luigi Calce, Robin Drothen und Marvin Feigl geben als junge Wilde ihren „Senf“ zum erfolgreichen Spiel der Oberschwaben.

Die Reise in den Südwesten der Republik wird für die Eispiraten einmal mehr ein schwieriges Unterfangen, denn um Punkte aus dem Schussental zu entführen, bedarf es schon einer ganz besonders großen Anstrengung der Crimmitschauer, wenngleich das kein Ding der Unmöglichkeit ist. Der 5:3-Heimsieg gegen die Towerstars am Tag vor Silvester dürfte nicht nur den Fans noch in Erinnerung sein und auch der zuletzt stark erkämpfte Erfolg gegen Kaufbeuren hat den Cracks von der Pleiße bestimmt zusätzlichen Auftrieb gegeben. Auftrieb, der in den letzten 10 Partien der Hauptrunde ein hoffentlich entscheidender Faktor wird!