Nach der gestrigen Vorschau auf die Krefeld Pinguine mit deren Stärken, Schwächen und Besonderheiten widmen wir uns heute einem Vergleich der Crimmitschauer mit den Rheinländern und wagen zudem eine Prognose zum Ausgang der Serie.

Die Details über die Pinguine können hier nochmals nachgelesen werden. Doch wie verhält es sich nun im Vergleich mit den Eispiraten?

Trainer

Greg Poss gegen Jussi Tuores. Das ist „alter Hase“ gegen „junger Hüpfer“ oder auch „hat schon alles im Trainergeschäft erlebt“ gegen „wird garantiert noch viel im Trainergeschäft erleben“. Einen Vorteil für den 58jährigen Krefelder Coach gegenüber dem 34jährigen Eispiraten-Trainer lässt sich daraus aber beim besten Willen nicht ableiten, denn der erreichte Tabellenplatz der Westsachsen gibt dem finnischen Übungsleiter aus dem Sahnpark mehr als recht, schließlich hat er zusammen mit Co-Trainer Hofverberg ein Top-Team geformt, das verlässlich für Begeisterung gesorgt hat. Greg Poss muss man zugutehalten, dass er die Pinguine rechtzeitig in der Hauptrunde noch in die Form gebracht hat, die den Ansprüchen des Aufstiegsaspiranten am ehesten gerecht wird.

Duell: ausgeglichen

Torhüter

Sowohl Felix Bick im Kasten der Krefelder als auch Eispiraten-Goalie Oleg Shilin waren in der Hauptrunde unbestrittener Rückhalt ihres Teams und unterscheiden sich in den erreichten Werten Gegentore pro Spiel (2.40 Bick, 2.35 Shilin) und Fangquote (92.96% Bick, 92.70% Shilin) nur marginal. Beide sind in der Lage Siege festzuhalten und könnten in der Serie das Zünglein an der Waage spielen. Bei Oleg Shilin besteht einzig eine gewisse Restsorge, ob der Top-Goalie nach einigen Ausfällen in der Hauptrunde nun zu 100% belastbar ist und auch bleiben wird.

Duell: ausgeglichen

Abwehr

Wird Max Balinson seine Hauptrundenform in die Playoffs tragen können? Wird Mario Scalzo als Oldie im Team und Kapitän endgültig zur Crimmitschauer Ikone aufsteigen? Und können Olleff, Sturm, Kreutzer sowie Thomas die Defensive so stabil und dicht halten, dass den Krefeldern die Verzweiflung im Gesicht stehen wird? Fragen, die die Serie beantwortet. Mit dem Leuchtturm Christian Ehrhoff und Trinkberger, Riefers sowie Buschmann, die jüngst alle noch in der DEL gespielt haben, scheinen die Pinguine aber vielleicht ein Quantum mehr Defensivstärke auf sich vereinen zu können. Zudem bringen die Pinguine eine beeindruckende körperliche Komponente mit in ihr Abwehrverhalten, denn das sind schon Brocken, die die Eispiraten-Stürmer da beiseite schieben müssen.

Duell: Vorteil Krefeld

Sturm

Beim Krefelder Angriff, das wurde in der gestrigen Gegnervorschau schon deutlich, muss man unterscheiden zwischen dem, was während der Hauptrunde Realität war und dem, was Realität hätte sein können. Klingt kompliziert, ist es im Falle der Pinguine auch. Denn die Fakten lauten nun mal: zweitwenigste erzielte Tore aller DEL2-Teams, nämlich gerade einmal 140. Das damit gleichzusetzen, dass die Krefelder auch den zweitschlechtesten Sturm haben, wäre aber der Kardinalsfehler, den die Eispiraten machen könnten. Ist das Krefelder Lazarett leer und alle Angreifer ausreichend fit, kann Greg Poss drei richtig starke und ausgeglichene Angriffsreihen ins Feld schicken, die Leadership und Siegermentalität mitbringen. Auf dem Papier nehmen sich Crimmitschau und Krefeld da absolut nicht viel. Lediglich in der vierten Reihe, die bei den Eispiraten zwar kämpferisch, aber auch alles andere als torgefährlich ist, scheint Krefeld einen Vorteil zu haben, wenngleich dieser aber in der gesamten Serie keine Rolle spielen dürfte. Hier werden natürlich die Schlüssel- und Rollenspieler entscheiden. Lindberg, Smith, Kanninen, Saponari und Zikmund auf der einen sowie MacDonald, Matsumoto, Weiß, Flaake und Marcinew auf der anderen Seite.

Duell: ausgeglichen

Zuschauer

Krefeld punktet mit Masse, Crimmitschau mit Leidenschaft und Emotion. Dass die Pinguine in Zahlen gemessen die Nase vorn haben werden, sollte nicht überraschend kommen und für die Wetsachsen wird die Schwarz-Gelbe Wand der riesigen Stehplatztribüne in der Yayla-Arena sicherlich beeindruckend wirken. Dennoch dürfte es auch für die Rheinländer im Sahnpark ein ebenso heißer Ritt werden.

Crimmitschau ist geil auf die Playoffs und sich seiner gallischen Rolle bewusst. Die Unterstützung wird deshalb nicht abflauen. Wenn es hingegen nicht 100% nach den Vorstellungen der Krefelder läuft, könnte da vielleicht ein kleiner Stimmungsknacks entstehen. Der Heimvorteil Crimmitschaus ist in Sachen Stimmung und Leidenschaft der Fans daher tatsächlich ein Heimvorteil und wird das Team von Jussi Tuores beflügeln. Spannend wird nur, ob der in Crimmitschau traditionell ungeliebte Wochenspieltag gleich im ersten Spiel sich negativ auswirkt. Immerhin fanden die beiden schlechtbesuchtesten Hauptrundenspiele der DEL2 2023/24 mit jeweils unter 1.000 Fans in Crimmitschau statt – an zwei Dienstagen.

Duell: Vorteil Crimmitschau

Special Teams

Im Powerplay sind die Eispiraten leicht besser (18.5% Crimmitschau, 17.9% Krefeld), im Penaltykilling aber deutlich schlechter (79.0% Crimmitschau, 86.9% Krefeld). Dies sind allerdings die absoluten Zahlen der Hauptrunde. Betrachtet man die Entwicklung, muss man in beiden Disziplinen zumindest auf Crimmitschauer Seite von deutlichen Fortschritten sprechen. Das Powerplay bestach zuletzt mit strukturierten, variablen und überlegten Spielzügen und das Unterzahlspiel konnte sich ebenfalls immer häufiger schadlos halten, so dass man nicht mit dem ersten Powerplay des Gegners gleich ein Gegentor kassierte, wie es über einige Zeit der Hauptrunde regelmäßig der Fall war. Die Crimmitschauer Spezialdisziplin der Shorthander (7 Stück, Bestwert gemeinsam mit Kassel) könnte aber gegen die Penaltykiller vom Niederrhein eher ins Wasser fallen, denn die Schwarz-Gelben ließen in der Hauptrunde nur ein einziges Gegentor bei eigener Überzahl zu. Apropos Shorthander: Vorsicht Eispiraten, drei ihrer fünf Unterzahltreffer haben die Krefelder gegen euch geschossen!

Duell: Vorteil Krefeld

Form

17 von 24 Punkten holten die Krefelder im Schlussspurt zwischen dem 45. und 52. Spieltag und zeigten eine stark ansteigende Form. Crimmitschau holte im gleichen Zeitraum zwar „nur“ 15 Punkte, da war aber auch das eher wertlose letzte Spiel gegen Bietigheim dabei. Ansonsten haben sich die Eispiraten im letzten Saisondrittel von ihrer Schokoladenseite gezeigt: Aus 16 Spielen holten sie 11 Siege, 10 davon nach 60 Minuten. Als Lohn kletterten die Westsachsen Platz für Platz in der Tabelle, ließen von unten einfach keine Luft mehr ran und verdienten sich damit Rang 3 in der Abschlusstabelle. Beide Teams gehen somit gestärkt und voller Selbstvertrauen in das Playoff-Viertelfinale.

Eine gewichtige Rolle könnte allerdings die Psychologie spielen bzw. wie die Teams mit Rückschlägen umgehen werden. Die Eispiraten jedenfalls werden die Playoffs zwar mit dem nötigen Sportlerehrgeiz, aber dennoch auch aus purem Spaß bestreiten können, spielen also druckbefreit auf. Bei den Krefeldern hingegen ist viel mehr „Müssen“ dabei, denn der ehemalige DEL-Standort will lieber gestern als morgen zurück in die höchste Spielklasse, weshalb die Cracks auf dem Eis entsprechend internen und externen Druck auszuhalten haben. Erneut den Aufstieg zu verpassen, kann und will man sich in Krefeld wahrscheinlich nicht leisten. Das kann auch zum Hemmnis werden…

Psychologie, Teil 2: Die bisherigen Saisonspiele. Wäre Krefeld mit 4 glatten Siegen in der Hauptrunde gegen Crimmitschau nicht so erfolgreich gewesen, das Team vom Niederrhein stünde womöglich sogar in den Playdowns, zumindest aber nicht direkt in den Playoffs. Die Blumen dafür nehmen wir nach der Serie gerne entgegen. Drei der vier Partien endeten mit nur 1 Tor Unterschied und vor allem in seinen beiden Heimspielen hatte Krefeld teilweise richtig Dusel, vor allem in den Schlussphasen, in denen Goalie Bick tausend Arme gewachsen sind. Sicher sein können wir uns in einer Sache: Die Eispiraten werden die vier Misserfolge in Motivation und noch mehr Siegeswille umwandeln, anstatt den Pinguinen mit zu großem Respekt oder gar ängstlich gegenüberzutreten. Und im Team der Krefelder ist die Selbstsicherheit, Crimmitschau vier mal in die Schranken gewiesen zu haben, vielleicht etwas zu stark ausgeprägt. Das rheinische Sprichwort „Et hätt noch immer jot jejange!“ kann auch nach hinten losgehen…

Duell: ausgeglichen

And the winner is….

Einen Favoriten gibt es auf dem Papier – und der heißt Krefeld. Nach der zurückliegenden Hauptrunde kann man aus Crimmitschauer Sicht aber auch selbstbewusst feststellen, dass die tatsächlichen Unterschiede vielleicht weitaus geringer sind als man bei dem Duell des „großen Ex-DEL-Clubs Krefeld“ gegen „das kleine mausgraue Crimmitschau“ vermuten könnte. Die Fans werden sich auf eine enge, spannende und umkämpfte Serie ohne einen faktischen Favoriten freuen dürfen.

etconline prophezeit beim Blick in die Glaskugel, dass der Gewinner der Serie nach dem sechsten Spiel feststehen wird. Die Frage nach dem Seriensieger ist objektiv betrachtet tendenziell mit Krefeld zu beantworten. Da das Motto von etconline aber lautet „emotional, kritisch, unabhängig – und selbstverständlich subjektiv„, bleibt als einzige Antwort übrig: NUR DER ETC!