Ja – nicht nur bei den Eispiraten sind die Verträge manchmal das Papier nicht wert. Hatten wir noch in der vergangenen Woche den EV Landshut als Meisterschaftskandidat vorgestellt und speziell die Entlastung der Reihe um deren Topspieler O´Brien und Power als Schlüssel zum Erfolg gedacht, so sind es genau die zwei Spieler, die kurz vor Saisonbeginn dem EVL einen speziellen Finger gezeigt und sich kurzerhand einem AHL-Team angeschlossen haben. Nun ist man am Gutenbergweg auf der Suche nach adäquaten Ersatz, sicherlich kann man angesichts der frei gewordenen Stellen auch mit ein paar Scheinen wedeln, wir dürfen gespannt sein, nichtsdestotrotz reisen wir aber heute vom Südwesten der Republik mit einem kleinen Abstecher am Neckar wieder nordwärts bis nach Hessen, wo zum Ende unserer Pre-Season-Check Tour sicherlich nicht nur erfrischender Äbblwoi wartet, sondern eine große Menge Meisterpotenz…

Wölfe gehen mit punktuellen Verstärkungen in die neue Saison

Im Breisgau gibt es Änderungen auf der Trainerposition, wahrscheinlich stand in den Bewerber-Erwartungen, dass Reisefreudigkeit ob der Abgeschiedenheit der Wölfe im südwestlichen Zipfel der Repubik erwünscht ist. Mit Robert Hoffmann kann der EHC Freiburg den Nachfolger von Peter Russell präsentieren, der 44-jährige Weisswasseraner zieht einmal quer durch die Republik, lief aber bereits als Spieler zwischen 2006 und 2009 insgesamt zweieinhalb Jahre mit dem Wölfe-Trikot auf. Ansonsten achtet man im Breisgau auf die gewohnte Beständigkeit, so behalten auch in der kommenden Saison Marc Wittfoth, Scott Allen, Nicolas Linsenmaier, Nick Pageau, David Danner, Jordan George, Alexander Brückmann, Christian Billich und Marvin Neher das Jersey der Wölfe an. Die gut eingespielte Basis des Teams ist also weiter im Breisgau aktiv. Mit dem aus Nürnberg kommenden 27-jährigen Marcel Kurth konnten die Breisgauer einen weiteren tragenden Baustein in der Offensive verpflichten. Der bringt gleich noch Tyson McLellan mit an die Dreisam, der in allen Situationen für das Team ein zuverlässiger Mitspieler sein möchte.

Das Goalie-Gespann um DEL-Neuzugang Patrik Cerveny komplettieren Luis Benzing und Eigengewächs Maurice Hempel. Verlassen werden die Wölfe hingegen unter anderem Cam Spiro, Andreé Hult, Evan Mosey, Peter Spornberger und Chad Bassen. Zweifelsfrei größere Lücken, die da entstehen, die Playoffteilnahme wird aber erneut ins Visier genommen.

DEL-Topspieler ersetzt Topscorer in Heilbronn

Die Heilbronner Falken trennen sich nach der vergangenen Saison von 10 Spielern, unter anderem verlassen Matthias Nemec, Jan Pavlu, Kevin Maginot, Josh Nicholls und Ian Brady das Unterland. Und auch Dylan Wruck geht zum Leidwesen der Fans, als Topscorer wird er ein großes Loch hinterlassen, Heilbronn konnte aber seinen eigenen Ambitionen nicht weiter helfen. Ob er diese in Frankfurt verfolgen kann, wird sich in der kommenden Saison zeigen, schließlich hat Wruck auch einen deutlichen dickeren Geldbeutel in Frankfurt mit sich herumzutragen als in Heilbronn. Ursprünglich als kongenialer Nebenmann von Wruck gedacht, wird der Königstransfer der Heilbronner nun zum vermeintlichen Lückenfüller: Jeremy Williams. Der langjährige Straubinger DEL-Torjäger und Eispiraten-Star 2012/13 wechselt zusammen mit dem erfahrenen 38jährigen Karl Fabricius, der auf viele Jahre in der schwedischen ersten Liga zurück blicken kann, nach Heilbronn. Beide sollen für erheblichen Alarm vor dem gegnerischen Tor sorgen, sind aber eben auch schon näher an der 40 als an der 30. Vor dem sehr jungen, aber durchaus talentierten Goalie-Duo Florian Mnich und Arno Tiefensee soll unter anderem der aus Bad Tölz gewechselte Kenney Morrisson aufräumen. Dirigiert werden die Falken vom neuen Coach Jason Morgan.

Die Weckle in Heilbronn scheinen diese Saison etwas kleiner zu sein, im Rennen um die Pre-Playoffsplätze dürfte das Team aber allemal zu finden sein.

Löwen mit neuem Angriff auf den Thron

In den letzten 7 Jahren DEL2-Zugehörigkeit zweimal Meister, aber einmal davon nicht wirklich, weil durch Corona die Playoffs abgesagt wurden, die Messlatte der Ansprüche in Frankfurt ist sicherlich höher als die der Wirklichkeit. Und das nicht nur auf dem Eis, denn seit vielen Jahren kämpfen die Löwen um eine moderne Multifunktionsarena, um „wirtschaftlich die nächsten, wichtigen Schritte gehen zu können“. Einen Schritt weiter scheint es nun tatsächlich zu gehen und es kann auf den Bau von „TheDOME“ am Flughafen gehofft werden. Bis dahin wird aber noch etwas Zeit ins Land gehen und für die Spiele muss die altehrwürdige Halle am Ratsweg herhalten. Um die Bembel angesichts erfolgreicher Spiele anstoßen zu können, wurde mal wieder im Löwenkäfig ausgemistet, so verlassen zum Beispiel Sebastian Collberg, Stepen MacAulay, Kyle Wood, Carter Proft und Oldie Eduard Lewandowski die Finanzmetropole. Um oben mitzumischen und die gewohnt hohen Ansprüche in Mainhatten zu erfüllen, holten sich die Löwenverantwortlichen zuerst mit Bohuslav Subr und Jan Barta ein neues Trainergespann und danach einige Spieler aus der DEL und von Ligakonkurrenten. Aus Bremerhaven wurden Tomas Sykora und Carsen McMillan losgeeist, letzterer bringt viel Erfahrung aus NHL und AHL sowie 3 Jahren DEL mit. Vom Rhein an den Main wechseln aus Düsseldorf Matt Carrey und Ex-Nationalspieler Patrick Buzas, dazu stoßen mit Dylan Wruck und Ryon Moser durchaus auch namhafte Cracks aus der eigenen Liga – mit deutschem Pass obendrein. Die einzige Übersee-Verpflichtung der Frankfurter in dieser Saison steht im Tor, aus der ECHL wechselt Jake Hildebrand nach Frankfurt, der lief zuletzt für die Florida Everblades auf und wurde in der abgelaufenen Saison zum „ECHL Goaltender of the Year“ gewählt.

In Anbetracht der Kaderliste dürften die Löwen bei der Titelvergabe ein gewichtiges Wörtchen mitreden.

Schlagen die kanadischen Wundertüten in Bad Nauheim ein?

In der Wetterau müssen die Fans in der kommenden Saison auf viele bekannte Gesichter verzichten, unter anderem Jamie Arniel, Aaron Reinig, Noureddine Bettahar, Frederik Cabana, Cason Hohmann und Kelsey Tessier verlassen den Kurpark. Das Nauheimer Eigengewächs Daniel Ketter beendet nach zehn Jahren im Trikot des EC Bad Nauheim seine Karriere schließt das Kapitel Profi-Eishockey. Im Kader von Cheftrainer Harry Lange bleiben unter anderem Stefan Reiter, Christoph Körner, Marc El-Sayed und die Publikumslieblinge Huba Sekesi und Andreas Pauli. Die durchaus als Aderlass zu sehenden Abgänge sollen unter anderem mit Tobias Wörle aus Kaufbeuren, Patrick Seifert aus Ravensburg und den  seit 2015 in der DEL und österreichischen ersten Liga aktiven Kevin Schmidt als offensivstarken Defender ersetzt werden. Für die große Tiefe des Kaders wird weiter die sehr gute Förderlizenz-Partnerschaft mit den Kölner Haien sorgen, hier sollen Max Glötzl, Luis Üffing, Julian Chrobot, Philipp Maurer und Jan Luca Sennhenn Spielpraxis für das DEL-Team sammeln.

Auf den Kontingentstellen sind die Nauheimer schwer einzuschätzen, Taylor Vause ist hier vielleicht noch hervorzuheben, dieser war die letzten 5 Jahre in Wien bei den Capitals aktiv. Jordan Hickmott kommt aus Banska Bystrica, die DEL 2 kennt er aus dem Jahr 2018, wo er aber nur 11 Spiele für Bad Tölz bestritt. Dritter Kanadier ist Tristan Keck, der zuletzt in Coventry in England spielte, aber hier wegen Corona nur 15 Spiele bestreiten konnte. Er wird von Harry Lange als jung und hungrig beschrieben und möchte sich unbedingt in der zweithöchsten deutschen Spielklasse beweisen. Für die letzte Ausländerstelle pokern die Verantwortlichen in Bad Nauheim offenbar noch.

Gewohntermaßen kann man auch heuer den ECBN so gut wie gar nicht einschätzen. Die Tendenz geht zum Mittelfeldplatz mit Ausreißerpotential sowohl nach oben als auch nach unten.

Es darf mehr sein als Vizemeister in der neu renovierten Eissporthalle in Kassel

Neue Soundanlage, neue Bande, Videowürfel und LED-Beleuchtung, dazu noch etwas Farbe in den Gängen und an der Decke – die neue Saison kann kommen. Zum Abschluss unserer jährlichen Deutschland-Spionage reisen wir zum Vizemeister nach Nordhessen, wo man sicherlich angesichts der Hauptrundenspiele gegen die Eispiraten froh war, dass diese die Playoffs nicht erreicht haben, hatten die sich doch in der vergangenen Spielzeit zu einer Art Angstgegner entwickelt. An der Wilhelmshöhe arbeiten die Schlittenhunde in der kommenden Saison mit den Iserlohn Roosters zusammen und ersetzen den in die DEL abgewanderten Goalie Leon Hungerecker durch den 21jährigen Jonas Neffin, der mit einer Förderlizenz für die Huskies ausgestattet seinen Vertrag am Seilersee vorzeitig um zwei Jahre verlängert hat. Zusammen mit Jerry Kuhn steht hier ein starkes Torhütergespann auf dem Eis.

Abgänge sind nicht viele zu verzeichnen, erwähnenswert ist sicherlich Clarke Breitkreutz, der in die Lausitz zurückkehrt, Ryon Moser möchte im Frankfurter Dress in Kassel ausgepfiffen werden und Vinny Saponari zieht es mal wieder in die DEL. Und bei den Neuzugängen wird richtig zugelegt, so läuft in der kommenden Saison nach 5 Jahren in der DEL Jamie MacQueen wieder für die Huskies auf, Landsmann Jake Weidner  bringt vier Jahre DEL aus Iserlohn mit, und der bringt seinen Teamkameraden Dieter Orendorz mit, der ganze 9 Jahre am Seilersee tätig war. Abgerundet wird die DEL-Einkaufstour mit Hans Detsch aus Ingolstadt, der auch mit 175 Spielen in der höchsten deutschen Spielklasse aufwartet. In der eigenen Liga bedienten sich die Huskies einmal, und das ausgerechnet bei den Eispiraten, denn Timo Gams läuft in der neuen Saison in Kassel auf. Ansonsten bleibt der Großteil der Vizemeistermannschaft, so unter anderem Corey Trivino, Brett Cameron und Marco Müller, der in seine achte Saison in Kassel geht, und dessen Abwehrkollegen Joel Keussen und Denis Shevyrin.

Ein Platz in den oberen Gefilden der Tabelle dürfte den Huskies sicher sein, zumal man schon letzte Saison souverän durch Hauptrunde und die Playoffs marschierte. Einzig das Finale gegen Bietigheim hinterließ den deutlich sichtbaren Fleck auf der weißen Weste. Tim Kehler und sein Team haben die Waschmaschine aber schon angeworfen…