Hereinspaziert, liebe Eispiraten-Fans. Hereinspaziert in den heiligen Sahnpark, inzwischen auch bekannt als die Kammer des Schreckens der DEL2. Gar gruselig die Darbietungen, die Ihr hier erleben werdet, sofern Ihr Freunde des rot-weiß gekleideten Crimmitschauer Trauerzugs seid. Und alle Gäste-Fans wählen am Stadioneingang zwischen Selbstbedienungsladen oder Comedy-Show, Auswärtssieggarantie inclusive! Hereinspaziert!

Nun sind wir also drin. Drin in einer der schlimmsten sportlichen Krisen der Eispiraten seit dem Urknall. Man muss die Zeituhr sage und schreibe 11 Jahre zurückdrehen, nämlich auf den Januar 2009, um zu einer Niederlagenserie der Crimmitschauer zu gelangen, die die Dimensionen der aktuell vorherrschenden Schamgrenze erreicht. Zwischen dem Ende der damaligen Serie und dem Beginn der jetzigen liegen nicht weniger als 566 Eispiraten-Pflichtspiele. Kleine Zeitanekdoten bzw. Denkstützen für die Teenies unter den etconline-Lesern: Damals, im Januar 2009, war das iPhone 3G auf dem Markt, also die 2. iPhone-Generation. Horst Köhler war Bundespräsident. Jürgen Klinsmann Trainer beim FC Bayern. Und Michael Jackson lebte noch.

Man kann also durchaus von einer gewissen Epik sprechen, die sich da gerade im angestaubten Crimmitschauer Eisstadion breit macht – leider auf äußerst negative Art und Weise. Und wenn wir schon beim Geschichteschreiben sind: Die aktuelle Serie mit 8 „Nullern“ in Folge ist die zweitlängste in der Historie seit 1990. Die 2009-er Serie umfasste 9 Spiele ohne Punktgewinn. So ganz nebenbei sind die Eispiraten anno 2020 also drauf und dran, sich ins Goldene Legendenbuch der Verlierer einzutragen. Es ist nicht mehr weit hin…

Pleiten, Pech und Pannen. Oder doch Friede, Freude, Eierkuchen?

So könnte es einem zumindest vorkommen, wenn man das öffentliche Geschehen rund um den Club für bare Münze nimmt. Da wird viel Video geguckt. Da wird analysiert. Da wird geredet. Da werden die Spieler gefragt, ob sich alle lieb haben – natürlich haben sich alle lieb. Und den Trainer ganz besonders. Wer verlässt schon gerne seine Komfortzone….?! Und scheinbar merkt keiner, dass sich das Crimmitschauer Eishockey am Scheideweg befindet. Strukturell ist das mit der „Bruchbude Sahnpark“ schon bekannt. Nun kommt das Sportliche und zwangsläufig auch das Finanzielle dazu.

Quo vadis – Was unternimmt man im Westsächsischen? Man setzt kurzerhand die Gesetze des Sports außer Kraft und macht einfach so weiter wie bisher – mit einem Cheftrainer, der sich seit einigen Wochen in monotone, beliebig wiederholbare Pressekonferenzen flüchtet und damit die spielerisch-taktische Monotonie auf dem Eis perfekt widerspiegelt. Und mit Spielern, die ihre Form wie Ostereier im Wald suchen, und sich einer hinter dem anderen versteckt.

Apropos Ostern: Zum Osterfest 2020 wird es im Sahnpark mal wieder Playdown-Blues zu hören geben, das nimmt langsam faktische Züge an und scheint angesichts der Planlosigkeit auf allen Eispiraten-Ebenen unausweichlich. Neben der Crimmitschauer Hilflosigkeit hat derweil zuätzlich noch die Unglaubwürdigkeit Platz genommen. Denn wie war vergangene Woche seitens eines Kraft seines Amtes mutmaßlich einflussreichen Eispiraten-Oberhauptes angesprochen auf weitere Misserfolge in der Zeitung zu lesen: „Dann werden wir um personelle Veränderungen im Trainerbereich nicht herumkommen.“ Sprachs und verwies zwei Niederlagen später diese bisweilen ungeschickte Aussage mir nichts dir nichts ins Reich der Fabeln. Das Trainergespann soll nun also doch bleiben. Und das Ganze etwa auf Teufel komm raus? Weil: Was muss eigentlich noch passieren, dass man sich in Crimmitschau traut neue Impulse zu setzen, Zöpfe abzuschneiden und der Mannschaft Feuer unter dem Allerwertesten zu machen? Im Moment scheint es, dass selbst die anrollende Jahrhundertniederlagenserie den Trainerstuhl Nauds nicht einmal im Ansatz zum Wackeln bringt.

Ist ja auch klar, denn wie dem Crimmitschau-Fan allseits verzapft wird, sind es ja nur die brühmtberüchtigten Kleinigkeiten, die den Misserfolg derzeit begünstigen. Blöd nur, wenn sich jene Kleinigkeiten in Summe zu einem Berg auftürmen, gegen den die ehemaligen „Pyramiden von Ronneburg“ wie popelige Maulwurfhaufen wirken. Und blöd auch, wenn eine Kleinigkeit beseitigt ist, aber schon wieder zwei neue da sind.

Und so bleibt man als Fan des Crimmitschauer Eishockeys mit der bangen Ungewissheit zurück, ob sowohl jeder einzelne Spieler als auch die Mannschaft als Ganzes anstatt immer schlechter zu werden vielleicht auch wieder besser werden können. Ob die hochgehandelten Wahl, Fyten, Grygiel, Kuchejda, Hudson, Pohl oder Vantuch ihre Rollen als Leistungsträger im Rampenlicht auch mal dauerhaft und konstant ausfüllen können anstatt nur mitzulaufen bzw. abzutauchen, wenn sie eigentlich vorangehen müssten. Ob Flattermann Bitzer eine Playdown-Serie festhalten kann. Ob das Horror-Duo Thomas/Schietzold auch noch Tore verhindern kann anstatt den Gegner dazu einzuladen. Ob die Tagträumer Demmler, Halbauer, Olleff, Kaisler oder Körner ihr Talent nutzen und weiterenwickeln anstatt es wegzuschmeißen bzw. sich als künftige Oberligaspieler zu outen.

Und klar: Ob es Trainer Naud zusammen mit Kompagnon Dahlem gelingt, das Ruder hier nochmal herumzureißen und alle genannten und auch nicht genannten Spieler so auf- und einzustellen, dass aus dem konfusen Crimmitschauer Kauderwelsch ein stimmiges, erfolgreiches Gesamtkonstrukt wird. Denn nichts Geringeres ist die Aufgabe eines Trainers. Neben der Grundaufgabe, jeden Spieler jeden Tag besser zu machen. Dass das in Crimmitschau nachhaltig praktiziert wird, darf inzwischen angezweifelt werden.

So, damit ist der Rundgang durch das Gruselkabinett namens Sahnpark fürs Erste überstanden. Die Lust am Eishockey mag dem ein oder anderen schon vergangen sein. Aber egal was passiert, eine Basis eint uns alle: Bei keinem von uns wird das Herz aufhören rot-weiß zu schlagen! Komme was wolle!